Köln: 08.–10.02.2025 #spogahorse

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Titelthema oder Randbemerkung - wie nachhaltig ist der Pferdesport?

Sie ist das Thema des Jahrhunderts – vielleicht sogar des Jahrtausends: Die Nachhaltigkeit. Naturnah und tierverbunden sind sie, die Pferdesportler. Doch wie verhält es sich mit ihrer Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit, dem Leitmotiv unserer Zeit?

Der Blick auf die Branche offenbart: Der Stellenwert, den die Nachhaltigkeit im Reitsport aktuell einnimmt, ist „ausbaufähig“. Die Bewegung hin zu Nachhaltigkeit verläuft nur schrittweise und nicht in großen Sprüngen.

Hersteller als Motor der Nachhaltigkeit

Die ersten, die den grünen Daumen heben und bei der Herstellung ihrer Produkte Nachhaltigkeit in den Fokus stellen, sind die Hersteller. Ihnen ist wichtig, nachhaltige Produkte auf den Markt und an den Kunden zu bringen.

Doch, was genau macht ein Produkt eigentlich zu einem „nachhaltigen“ Produkt?

Die Herstellung im Einklang mit Natur und Mensch ist DAS Herzstück der Nachhaltigkeits-Philosophie. Das besagt im Konkreten, dass unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wird und dass bei der Produktion die Ressourcen effizient und schonend genutzt werden sowie ökologisches Material verwendet wird. Zudem hat der Vertrieb der Produkte mit möglichst wenig Verpackung und geringen Emissionen zu erfolgen. Kurz gesagt: Der ökologische Fußabdruck, den ein nachhaltigen Produktes hinterlässt, sollte so klein wie möglich sein.

Nicht immer gelingt es, dieses Anliegen auch umzusetzen. Zu begrüßen ist das Verwenden von Bio- oder Öko-Fasern. Reitsport-Ausrüstung aus recycelten Plastikfasern herzustellen. ist hingegen weniger sinnvoll als es auf den ersten Blick scheint.

Recycling für Reitsport-Textilien - sinnvolle Strategie oder Marketing-Blase?

Technisch, das sagen Textilforscher, ist beispielsweise das Umwandeln von PET zu Garnen durchaus möglich. Doch aus Flaschen eine Jacke, eine Hose oder eine Pferdedecke zu fertigen, ist ökologisch und ökonomisch nicht gerade sinnvoll und von Kritikern als Marketingblase verurteilt: Aus zwei Gründen: Zum einen ist das Flaschen-Recycling in Deutschland ein wirklich gut funktionierender Kreislauf und der Aufwand eine Flasche zu einer Flasche zu recyclen ungleich geringer als diese eben in Mode zu verwandeln. Das Recycling vom Einsammeln über das Waschen, Entfärben und Einschmelzen benötige nämlich Unmengen an Energie und Chemie.

Zum anderen stehen die Recycling-Anlagen meist in Asien, wo gar nicht genügend alte PET-Flaschen gesammelt werden. Deshalb reisen die PET-Flaschen tatsächlich aus Europa und Amerika CO2-intensiv um die halbe Welt, um „nachhaltig“ recycelt zu werden.

Dem Sammeln vom Müll vom Meeresboden aus Recycling-Gründen erteilen Textilingenieure ebenfalls eine Absage: Zunächst einmal ist es leider so, dass diese Sammelaktionen meist nur sehr singulär stattfinden, und zwar wenn Kamera-Teams vor Ort sind. Es kommt also gar nicht genügend Material zusammen. Zudem ist Plastik nicht gleich Plastik – und all die verschiedenen Sorten, die da jahrelang am Meeresboden fristen, haben mit dem Plastik, wie man es zum Recycling nutzen könnte, nicht mehr viel zu tun.

Auch das Recycling von Bekleidung zu neuer Bekleidung klappt nicht problemlos. Viele Mischgewebe eignen sich nicht zum Recycling. Und: Wenn das das Basistextil recycelbar ist, muss zuvor alles entfernt werden, was eben nicht Faser ist: Reißverschlüsse, Knöpfe, Ziernähte, Aufnäher sowie sämtliches Plingpling. Ein aufwändiger Vorgang. Einmal recycelte Fasern sind ein zweites Mal nicht mehr recyclebar.

Wo Recycling funktioniert, ist auf dem Verpackungssektor. Hier sind gerade die Firmen von Pflege- und Futtermitteln sehr aktiv und schaffen nicht nur nachhaltig verpackte Produkte, sondern mit der Möglichkeit zum Nachfüllen eine vorbildliche Lösung hin zum Zero Waste-Verpackungstrend. Auch die Inhaltsstoffe werden zunehmend unter nachhaltigen Aspekten zusammengestellt.

Sowohl auf dem Textilsektor als auch bei der Herstellung von Pflegeprodukten und Futtermitteln achten die Hersteller auf energiesparende Rahmenbedingungen. Zudem fertigen gerade Traditionsfirmen wieder vermehrt in Deutschland. Ein positiver Trend: Denn wenn eine Reithose erst einmal um die ganze Welt fliegen musste, um dann im Regal des Händlers und schließlich im Schrank des Kunden zu landen, ist das aus logistischer Sicht ganz klar nicht der richtige Weg hin zur Nachhaltigkeit. Darüber hinaus sind die Arbeitsbedingungen hierzulande deutlich besser als beispielsweise in Fernost.

Pferdesportkleidung

Händler handeln nachhaltig

Vielen Reitsportfachhändlern wird erst jetzt klar, dass gerade der Reitsport als „grüner Sport“ eine Vorreiterrolle beim Bewusstsein für Umwelt, für faires Verhalten rundum einnehmen sollte.

Nach seinem Engagement in Bezug auf Nachhaltigkeit gefragt, reagierte der Fachhandel bis vor kurzem fast peinlich berührt. Inzwischen allerdings handelt man nachhaltig - und zwar auf zwei Kern-Ebenen:

Selber versuchen die Händler ihren Arbeitsalltag nachhaltig zu gestalten: Ob im Büro, bei der ladenbaulichen Gestaltung ihrer stationären Geschäfte oder auch beim Einsparen von Energie ist man sich der besonderen Verantwortung in Zeiten des Klimawandels bewusst. Darüber hinaus setzt man bei Verpackung und Versand auf ein umweltverträgliches Prozedere.

Aber auch bei der Auswahl der Produkte achtet man im Reitsportfachhandel heutzutage darauf, zumindest ein paar „grüne“ und ökologische wertvolle Waren im Sortiment zu haben und diese auch entsprechend forciert zu beraten.

Nur wenig Interesse – Armutszeugnis für König-Kunde

Das Gros der Reiter ist Freizeitreiter und als solcher gern und ausgiebig in der Natur unterwegs. Dass diese schützenswert ist, bedenkt man vielleicht auf anderen Ebenen, beim Konsum von Reitsport-Fachartikeln indes ist das Nachhaltigkeits-Bewusstsein der Reiter ausbaufähig. Das stellen Hersteller und Handel immer noch fest und klammern dieses Thema in Verkaufsgesprächen bewusst aus. Es seien, so die Erfahrung der Fachhändler, Qualitätsargumente, mit denen man auch Produkte aus dem höherpreisigen Segment gut an den Kunden bringen kann. Eigentlich spüre man ein vermehrtes Umweltbewusstsein seitens der Kundschaft nur am Beispiel der Plastiktüten. Die werden nämlich vermieden.

Die Kunden ihrerseits monieren, nachhaltig Produziertes würde nicht entsprechend beworben und schon gar nicht beratend in den Vordergrund gestellt. Es würden Größen, Passformen, Material- und Designwünsche abgefragt aber nie erwähnt, welchen Produktionsweg eben eine Trense, eine Reithose oder ein Stiefel gegangen sei...

Man schiebt sich – so der Anschein – den schwarzen Peter rund um grüne Produkte also gegenseitig zu.

spoga horse – Hin zu einer noch nachhaltigeren Fachmesse

Auch die spoga horse unternimmt stetig Schritte, um den Messebetrieb noch nachhaltiger zu gestalten. Neben papierfreier Kommunikation mit Ausstellern und Besuchenden sowie dem Verzicht auf Einwegbehälter in der Gastronomie, verzichten die Veranstalter komplett auf Teppichboden auf den Gängen, der bisher nach dem Messebetrieb entsorgt werden musste. Auch die Logistik der Messe läuft dank des neuen Logistikmanagement „eSlot“ wesentlich emissionsarmer. Die Koelnmesse, Ausrichterin der spoga horse, hat sich erst kürzlich dazu verpflichtet, die CO2-Emissionen der Koelnmesse bis 2050 auf netto null zu reduzieren. Die vielen, bereits umgesetzten Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels können unter nachfolgendem Link eingesehen werden: https://www.koelnmesse.de/unternehmen/messe-neu-denken/verantwortung/umwelt/

In Kreisläufen denken – wie Nachhaltigkeit wirklich funktioniert

Nachhaltig produzieren und vermarkten – reicht das denn, um den Pferdesport auf ein grünes Level zu hieven? Bei weitem nicht! Es muss sowohl in der Herstellung, der Vermarktung als auch im Konsum ein Umdenken stattfinden. Letztlich muss sich die lineare Wirtschaft einer Kreislauf-Wirtschaft beugen. Der erfolgreiche Weg der Nachhaltigkeit führt vom Überkonsum zu einem moderaten, verantwortlichen und dennoch freudvollem Verbraucher-Verhalten, das von Handel und Hersteller entsprechend bedient werden kann.