Köln: 08.–10.02.2025 #spogahorse

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Der spoga horse Ländercheck (3): Die Pferdebranche in Italien

Foto: Giampaolo Mastro

Foto: Giampaolo Mastro

Die spoga horse ist die weltweit führende B2B-Messe für die Pferdebranche. Ein wesentlicher Pluspunkt für Besucher und Aussteller: Ihre Internationalität. Aussteller aus 33 Ländern und Besucher aus 72 Ländern nahmen an der spoga horse Herbst 2019 teil. Die Vernetzung von Geschäftspartnern über Ländergrenzen hinweg ist ein wichtiger Auftrag der spoga horse. Deswegen werfen wir in der neuen Serie „spoga horse Ländercheck“ einen genauen Blick auf die wichtigsten Absatzmärkte der spoga horse.

Hinweis: Es handelt sich um teilweise gekürzte Fassungen der ursprünglich im Fachmagazin „ReitsportBRANCHE“ erschienen Artikel von Sebastian Reichert. Wenn Sie Interesse an den vollständigen Publikationen haben, können Sie die die komplette Ländlercheck-Serie über info@reitsport-branche.com bestellen.

Foto: Ronald Plett

Foto: Ronald Plett

In vielen italienischen Regionen, wie in der Toskana, auf Sardinien oder im Umland von Rom, gibt es eine hundertjährige Tradition der Pferdezucht“, erzählt Luca Rinco, einer der Besitzer der Firma Rinco Impianti Ippici, Marktführer im Reitanlagenbau in seinem Heimatland. Legendär sind auch die italienischen Cowboys – die Butteri in der Toskana und im Latium. „Die Pferdezucht vieler verschiedener Rassen ist tief verknüpft mit den gewachsenen Besonderheiten der jeweiligen Region“, ergänzt der zweite Rinco-Miteigentümer Roberto Rinco. 2011 feierte Italien seinen 150. Geburtstag als Nation. Viktor Emanuel II. hatte am 17. März 1861 das italienische Königreich in Turin ausgerufen. Und daran, dass es zur Geburtsstunde des „Stiefel“-Landes kam, war übrigens auch so sehr ein Pferd entscheidend beteiligt, dass noch heute dessen 1876 errichtetes Denkmal geehrt wird. Die Schimmelstute „Marsala“ war damals auf der Mittelmeerinsel Caprera bestattet worden. Ihr Herr, der Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi (1807-1882), hatte auf dem Pferde-Grabstein, den Spruch eingravieren lassen: „Hier ruht Marsala, die Garibaldi 1860 nach Palermo trug.“

Foto: Dorota Kudyba

Foto: Dorota Kudyba

Politische und wirtschaftliche Fakten zu Italien

In Rom, 1871als Hauptstadt Italiens proklamiert, leben etwa 2,9 der insgesamt 61 Millionen Einwohner. Neben der ewigen Stadt gibt es nur noch eine weitere Millionenstadt – Mailand (1,3 Millionen). Danach beheimaten Neapel (972.000), Turin (889.000), Palermo (686.000) und Genua (610.000) die meisten Menschen. Italien ist politisch in 20 Regionen (regioni) mit jeweils eigener Regierung gegliedert. Fünf dieser Regionen – nämlich Sizilien, Sardinien, Friaul-Julisch Venetien, Trentino-Südtirol und Aostatal – haben ein Sonderstatut (statuto speciale) mit weitreichender finanzieller Autonomie.

Italiens Staatsgebiet liegt zum größten Teil auf der vom Mittelmeer umschlossenen Apenninhalbinsel. Neben Landesgrenzen von knapp 2000 Kilometern Länge (Deutschland: 3600 Kilometer) hat das Land noch eine 7600 Kilometer lange Küste (Deutschland: 1200). Dazwischen ist Italien ein gespaltenes Land. Im Norden relativer Wohlstand, im Süden geringes Wirtschaftswachstum, hohe Arbeitslosigkeit, kaum Infrastruktur und überall Korruption: Das Mezzogiorno – der Süden Italiens – kämpft mit einer Vielzahl von Problemen. Laut einer aktuellen Studie des Wirtschaftsinstitutes Svimez wuchs die Wirtschaft im Süden zwischen 2000 bis 2014 nur um etwa 13 Prozent. Das ist knapp halb so viel wie in Griechenland.

Die Bundesrepublik ist sowohl was den Export als auch was den Import betrifft wichtigster Handelspartner der viertgrößten EU-Volkswirtschaft. Italien exportierte 2017 Güter im Wert von 448,1 Milliarden Euro und importierte Waren im Wert von 400,7 Milliarden Euro. 2,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts von 1715 Milliarden Euro werden durch Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei erwirtschaftet. Mit rund 49 Millionen Hektolitern ist Italien der größte Weinproduzent der Welt und mit 442.000 Tonnen weltweit der zweitgrößte Produzent von Olivenöl. Wirtschaftlich bedeutsam sind zudem die Käseherstellung (Parmesan, Mozzarella, Pecorino, Ricotta) sowie der Anbau und Export von Orangen, Zitronen, Tomaten, Auberginen, Zucchini und Melonen. Insgesamt ist Italien weltweit der neuntgrößte Agrarexporteur.

Foto: Steve Buissinne

Foto: Steve Buissinne

Vielleicht noch ein interessanter Wert aus den Wirtschaftsdaten: Im Europavergleich essen die Italiener relativ viel Pferdefleisch – laut Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat ein Kilo pro Kopf und Jahr; zum Vergleich sind es in Deutschland etwa 40 Gramm.

Reitwesen und Verbandsstruktur in Italien

Dachverband aller Reiter, Fahrer, Voltigierer und Co. ist die 1926 gegründete Federazione Italiana Sport Equestri (FISE) mit etwa 130.000 Mitgliedern. Tendenz steigend. Laut eigenen Angaben hatte der Verband 1998 erst 22.000 Mitglieder. Im Jahr 2000 waren es schon mehr als doppelt so viele, und 2009 wurde die 100.000er Grenze bereits deutlich geknackt. 350.000 Pferde leben in Italien. 20.000 davon sind Turniersport-Pferde. Die nationale Pferdebranche beschäftigt rund 50.000 Italiener. 5000 Zuchtbetriebe gibt es im Land.

Foto: Markus Spiske

Foto: Markus Spiske

„Während in Deutschland der Reitsport doch auch schon vom Mittelstand geprägt ist, reiten in Italien eher die wohlhabenderen Leute“, sagt Szene-Kennerin Heike Schmidt, HS Events & Communication, die jahrelang für die italienische Handelskammer in Frankfurt aktiv war. Der typische Reiter ist in Italien nach wie vor nicht nur weiblich, sondern auch betucht. Für Monika Grasso vom Reitstiefel-Hersteller Sergio Grasso aus Verona ist die noch fehlende Verankerung in der Breite der Gesellschaft neben der finanziellen auch eine Mentalitätsfrage. „Die Kinder würden vielleicht gern reiten, aber die Eltern haben oft Angst. Das ist so ähnlich wie beim Schwimmen. Wer das nicht kann, geht auch nicht unbedingt mit seinen Kindern ins Schwimmbad.“

Anders sieht das in einer Stadt in der Toskana aus: Richtiggehend ein Weltkulturerbe ist dort das traditionsreichste Pferderennen der Welt – der Palio von Siena. Bereits seit dem 12. Jahrhundert kämpfen die Stadtteile Sienas zweimal jährlich (am 2. Juli und am 16. August) bei dem 90-Sekunden-Rennen um die Ehre. 60.000 Zuschauer drängen sich dann auf den Hauptplatz der toskanischen Stadt, um das halsbrecherische Rennen auf ungesattelten Pferden zu beobachten.

Foto: Anastasia Borisova

Foto: Anastasia Borisova

Eine große neuzeitliche Tradition hat das Piazza di Siena (CSIO Rom). Es ist ein internationales 5-Sterne-Springreitturnier, das jährlich im Mai in Rom stattfindet. Das erste Springturnier wurde 1922 veranstaltet. Zu dieser Zeit begann der Springsitz, wie er heute üblich ist, seinen Siegeszug. Entscheidender Wegbereiter des sogenannten leichten Springsitzes war dabei ein Rittmeister der italienischen Armee – Federico Caprilli (1868-1907). Erst mit seinem Unterricht setzte der Kavallerieschulen-Ausbilder den neuen Sitz durch, der es dem Reiter erlaubte, der Pferdebewegung zu folgen und im Sprung den Rücken des Pferdes zu entlasten – die italienische oder natürliche Reitmethode. Caprilli – nach ihm ist auch der Caprilli-Test benannt – ist es mit zu verdanken, dass sich das Springreiten als spezielle Disziplin entwickeln konnte, die eine besondere Ausbildung erfordert.

Reitsportfachhandel in Italien

Foto: A Different Perspective

Foto: A Different Perspective

Der Fachhandel in Italien besteht größtenteils aus eher kleineren Geschäften. Sie sind – was die Quadratmeter-Anzahl betrifft – deutlich kleiner als die meisten Reitsportgeschäfte in Deutschland, erklärt das Traditionsunternehmen Tattini. Die Firma mit den Anfängen im Jahr 1860 aus Spoleto bei Perugia ist ein Spezialist für Lederreitstiefel made in Italy. Größere Ketten mit vielen Filialen gibt es nicht. Eine starke Position im italienischen Reitsportgeschäft nimmt allerdings das französische Unternehmen Decathlon mit rund 100 Einzelhandelsfilialen im Land ein. In den Decathlon-Sportgeschäften werden auch Bekleidung, Ausrüstung und Zubehör für Reiter und Pferde verkauft.

Italien auf der spoga horse

Foto: Peggy Choucair

Foto: Peggy Choucair

Auf der spoga horse 2019 stellten 41 Aussteller aus Italien aus, 2,5 Prozent der Besucher kamen aus Italien. Laut Ausstellerbefragung zählt Italien für ein Drittel aller Aussteller zu ihren wichtigsten Absatzmärkten.

Sie möchten den italienischen Markt für sich erschließen oder Ihre Geschäftsbeziehungen stärken? Dann nehmen Sie an der spoga horse 2021 teil: Als Aussteller oder Fachbesucher .