Köln: 08.–10.02.2025 #spogahorse

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EQUI LIVING Sonderschau Lebensraum Pferd - Von der Box zum Spielzimmer?

KuschelKnisterPlüschtiere und Knabberstangen, Spielzeug und Futter in den Geschmacksrichtungen Vanille und Buttercreme - sind Pferde im Jahr 2022 unterfordert oder ihre Besitzer überfordert, ihr Pferd sinnvoll zu beschäftigen?

Pferdespielzeug Foto: Kentucky Horseware

Foto: Kentucky Kentucky Horseware

So manche Boxenausstattung wirkt auf den ersten Blick, als ob sie dem Besitzer mehr Freude bereitet als dem Pferd, aber wir haben es mit mehr als nur einem Strohfeuer zu tun. Der Lebensraum des Pferdes verändert sich, und das aus gutem Grund.

Pferdehaltung verändert sich

In den letzten Jahren beschäftigen sich immer mehr internationale Studien mit den natürlichen Bedürfnissen des Pferdes. Die Pferdehaltung entwickelt sich entsprechend zunehmend zugunsten des Pferdes, aufbauend auf den sogenannten “3 F´s” aus “The Horse´s Manifesto” der kanadischen Verhaltensforscherin Lauren Fraser (nachzulesen hier ):

Die 3 Fs: Feunde (Friends) - Futter (Forage) - Freiheit (Freedom)

F#1: Freunde

Pferde sind Herden- und Fluchttiere. Pferde brauchen Artgenossen, um Gefahr erkennen und Sicherheit (zu überleben) gewährleisten zu können. Sie brauchen die Möglichkeit, Freundschaften schließen zu können und natürliche Verhaltensweisen wie Spiel und Fellpflege ausleben zu können. Die Gesellschaft von Artgenossen gibt ihnen Sicherheit und Wohlbefinden. Sie nutzen Sensorik und ein komplexes Kommunikationssystem, das vor allem auf Körpersprache basiert. Alles, was “laut” ist, würde nur die Aufmerksamkeit von Raubtieren auf sich ziehen. Das Herdentier Pferd hat ein starkes, instinktives Grundbedürfnis nach einem stabilen sozialen Gefüge, um glücklich und gesund zu sein. Pferde brauchen andere Pferde.

F#2: Forage/Futter

Unterschiedliche Rassen und Altersgruppen haben unterschiedliche Futter Bedürfnisse, sowohl an Raufutter als auch an Kraft- und Mineralfutter. Das Verdauungssystem der Pferde ist darauf angelegt, kontinuierlich Futter zu prozessieren, hauptsächlich in Form von struktur- und rohfaserreichem Gras. Wenn dem Pferd diese Form von Nahrungsaufnahme verweigert wird und das Pferd zu langen Futterpausen oder zu reichhaltigem Futter ausgesetzt ist, kann es zu Problemen kommen. Genauso kann zu reichhaltiges, unbegrenzt zur Verfügung stehendes Gras oder Heu zu Problemen führen. Durchdachte und auch individuell wohldosierte Fütterung ist wichtig für die Gesunderhaltung des Pferdes.

F#3: Freedom/Freiheit

Freiheit bedeutet nicht nur (Bewegungs)Freiraum, sondern auch Freiheit von Stress, Angst und (Zivilisations)Krankheiten, sowie die Freiheit selbst Entscheidungen zu treffen. In der Natur haben Pferde die Möglichkeit, frei zu entscheiden, wie und wann sie mit der Herde interagieren möchten, wann und wieviel sie fressen möchten, und sie können frei wählen, wann und wie sie sich bewegen möchten (wälzen, spielen, ruhen, Fellpflege betreiben, sich fortbewegen etc.) Freiheit beinhaltet die persönliche Freiheit, entscheiden zu können.

Jeder einzelne Aspekt für sich betrachtet, bietet ein breites Spektrum an Komplexität und wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das kommt auch im Stall an. Das digitale Zeitalter beschleunigt den Informationsaustausch wie nie zuvor.

“Pferdegerechte Haltung” und “individuelle Versorgung”

Anspruch verpflichtet. Wer ein glückliches und gesundes Pferd möchte, der ist bestrebt, den individuellen Bedürfnissen seines Pferdes, physisch, mental und emotional gerecht zu werden. Entsprechend viele, aber auch unterschiedliche Haltungsformen und Konzepte, die den 3Fs gerecht werden wollen, finden immer mehr Zuspruch.

Erfolgreiche und gesunde Gruppenhaltung ist allerdings weit mehr, als viele Pferde unterschiedlichster (oder gleicher) Rasse und Altersgruppen auf einer Fläche zu verwahren, insbesondere wenn diese begrenzt ist. Es bedarf substanzieller Erfahrung und Kenntnisse über Pferdeverhalten, individuelle Bedürfnisse und Herden Dynamik. Ist jedes Pferd für eine Gruppenhaltung geeignet?

Lauren Fraser MSc, CHBC Equine Behaviourist

Lauren Fraser MSc, CHBC Equine Behaviourist

“Es gibt Pferde, die selektiv so gezüchtet wurden, dass ihr Fell heute den Anforderungen ihres Lebensraumes nicht mehr entspricht, aber selektive Zucht kann das natürliche Bedürfnis des Pferdes nach einem Leben innerhalb einer Gruppe nicht eliminieren. Dieses Bedürfnis wurde nicht herausgezüchtet, genauso wenig wie das Bedürfnis des Verdauungssystems nach kontinuierlicher Aufnahme von Raufutter. Es kann jedoch der Eindruck entstehen, dass Pferde für die Gruppenhaltung nicht geeignet sind, wenn sie keine natürliche Sozialisierung und Entwicklung erlebt haben. Wenn beispielsweise eine Stute und ein Fohlen isoliert gehalten werden, wird das Fohlen ein gestörtes Sozialverhalten entwickeln: Es ist (später) nicht in der Lage, gesunde Sozialkontakte zu pflegen, es hat Kommunikationsschwierigkeiten mit anderen Pferden, oder es ist überdurchschnittlich gestresst in der Gegenwart oder Abwesenheit von anderen Pferden etc.

Ein solches Verhalten wird dem unerfahrenen Betrachter erscheinen, als ob das Pferd Einzelhaltung bevorzugt, aber dieses Verhalten basiert auf Verhaltensstörungen, verursacht durch fehlenden, artgerechten sozialen Umgang mit Artgenossen im Fohlen- oder Jungpferd Alter. Wir wissen durch jahrzehntelange Forschung an Sozialen Lebewesen, auch Pferden, dass ein Mangel an natürlichen Lebenserfahrungen, auch sozialen, während kritischer Entwicklungsphasen negativ auf das Verhalten einwirkt. Tatsächlich sehe ich in meiner Arbeit eine ganze Anzahl von Pferden, denen der Zugang zu den 3Fs in ihrer Entwicklung oder später verwehrt war. Dies führt zu unerwünschtem Verhalten resultierend aus stress belasteten Lebenserfahrungen - aus Sicht des Pferdes - ein trauriges Leben.”

- Lauren Fraser MSc, CHBC Equine Behaviourist

Heudepot Hau Pferdesport via Stallbedarf24

Heudepot Hau Pferdesport via Stallbedarf24

Sinnvolle und gesunderhaltende, individuellen Bedürfnissen gerecht werdende Haltung und Fütterung ist aufwändig und zeitintensiv. Ist die Gruppendynamik und die Fläche nicht durchdacht, entsteht Verletzungsgefahr. Ponies reagieren anders auf die satte Winterwiese als das gemeine Warmblut. Die Komplexität für Handel, Pferdebesitzer und vor allem Stallbetreiber steigt.

Wie lässt sich individuelle Versorgung auf Wunsch des Besitzers gewährleisten? Wie lässt sich Langeweile auf begrenzter Fläche entgegenwirken? Branche und Stallbetreiber sind gefragt, Hersteller bieten Lösungen: Von Spielzeug und Gruppenhaltungstauglichen Beschäftigungsanreizen zu pferdegerechten und rassespezifischen Futtermitteln bis zu automatisierten, zeitgesteuerten Heustationen und Weidetoren, wohin und wie vielfältig sich der Lebensraum des Pferdes verändert, zeigt die Sonderschau “Equi Living” und lädt auf eine spannende Entdeckungsreise ein.